Die digitale Transformation begann vor 30 Jahren
Nun, ich erinnere mich, dass ich vor fast 30 Jahren in einem Produktionsunternehmen meine Ausbildung zum Datenverarbeitungskaufmann startete. Die damalige digitale Realität im Betrieb war, dass man Daten per Lochkarte an Großrechner schickte, um Befehle einzulesen. Mein Job damals war, Lochstreifen zu stanzen. (ja, es gab schon damals ätzende Jobs – heute nennt man das Gigwork). Der Großrechner schrieb dann die Daten auf Magnetbänder, die so groß waren wie Autoreifen.
Aus heutiger Sicht ein wahnsinnig aufwändiges und komplexes Verfahren zur Datenverarbeitung. Irgendwie habe ich diese Ausbildung nie zu Ende gebracht. Aber ich habe eben nachgeschaut, wie viele Bits pro Lochstreifen dieses Verfahren verarbeiten konnteg Um genau zu sein waren dies 80 Zeichen pro Karte, umgerechnet 640 Bit. Wenn ich mich verschrieb, kam die Papp-Karte in den Papierkorb und musste neu gestanzt werden. Zurecht hieß dieser Beruf damals Datenverarbeitungskaufmann. Es steckte noch echte Arbeit in der Verarbeitung von Daten.
Und heute? Heute sind irgendwie alle Datenverarbeitungs-Experten, oder? Nehmen wir nur ein konventionelles Smartphone: Das Smartphone hat im Vergleich zum Lochstreifen irrwitzige 1,7 Milliarden mal mehr Speicherkapazität. Ähnlich verhält es sich mit der Rechengeschwindigkeit. Würden wir heute die Rechengeschwindigkeit des Ost-Großrechners (der übrigens eine Kopie eines IBM-Großrechners von der Firma Robotron war) in ein Smartphone stecken, würden rund 100 Millionen dieser Rechner reinpassen. All das ist gerade einmal 30 Jahre her. Und um ehrlich zu sein: So alt fühle ich mich noch gar nicht 😉
Der digitale Fortschritt kommt noch nicht in den Unternehmen an
Warum erzähle ich das: Weil gefühlt jeder über die digitale Transformation redet und und 75% aller Beiträge zur Digitalisierung behaupten, diese Entwicklung seien neu, disruptiv und unerwartet. Aber mal ehrlich: Die digitale Entwicklung ist alles andere als neu. Feststeht: Technisch gesehen hat sich zwar vieles getan und wir erleben immer noch diesen exponentiellen Fortschritt bei Speichermedien und Prozessorgeschwindigkeit. Aber organisatorisch und verhaltenstechnisch? Da hat sich nicht so viel verändert.
Der Blick in die Unternehmen oder Behörde zeigt ein erschreckendes Bild: Schränke voller Papierakten, die Arbeit mit Fax (wissen alle, was das überhaupt ist?); das Versagen der Schulen beim digitalen Homeschooling im Jahr 2020 – hier kann man vom Glücksfall sprechen, wenn Lehrer mit Computern ausgestattet sind und digitale Tools bedienen können; der Blick in die Wirtschaftswelt zeigt, dass viele gut qualifizierte Menschen in Führungsposition überfordert sind, wenn es um die Digitalisierungsstrategie ihres Unternehmens geht: Prozesse sind nur halbherzig digital, Social Media wird als Teufelszeug angesehen usw.
Irgendwie möchte man vor all diesen Ausprägungen der Möchtegern-Digitale-Transformation die Augen verschließen, oder?
Die persönliche Digitalisierung beginnt mit einer Idee von der eigenen Zukunft
Die Frage ist, warum angesichts des technologischen Fortschritts die Welt immer noch den digitalen Tiefschlaf träumt? Oder lebe ich bloß mit einer Handvoll anderer Menschen in einer Parallelwelt, in der es digitale KI-Schafe gibt (P.S. eine kleine Anspielung auf den Klassiker der KI-Science Fiction)? In meinem digitalen Traum nämlich arbeiten Unternehmen mit künstliche Intelligenz; sie besiegen damit Krankheiten und Pandemien; in meiner Welt ist das Wort Homeoffice ein Fremdwort; für Menschen ist es völlig normal, sich in soziotechnischen Netzwerken zusammenzuschließen, um an digitalen Ideen zu arbeiten. In dieser Welt lebe ich. Das ist meine digitale Vision.
Und welche digitale Vision haben Sie? Genau diese Frage arbeite ich mit Führungskräften in meinen Workshops und Vorlesungen auf. Und jedes mal bin ich doch irgendwie überrascht, wie visionär diese digitalen Realitäten sind. Egal also welche digitale Vision Sie haben: Sie haben jetzt die Chance, sich diese Welt zu gestalten. Fangen Sie einfach damit an.