Prof. Dr. Kai Reinhardt

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BUNTE WELT DER MENSCHLICHEN BEZIEHUNGEN

Eine Studie der Boston University klärt uns auf: In sozialen Netzwerken, wie Facebook, Instagram & Co., entscheidet vor allem die Zugehörigkeit der Abneigung bestimmter sozialer Standpunkte über  die Stabilität des Netzwerks.

Grund dafü ist, dass ein Online-Netzwerk als ein soziales Systeme, ähnlich wie Familien, Gesellschaften etc. angesehen werden kann. In diesen Netzwerk überlagern viele kleine Interessengemeinschaften das eigene soziale Netz. (vgl. Szell, Lambiotte, Thurner: Multirelational organization of large-scale social networks in an online world, 2010, S. 1 ff). In der Vergangenheit legte die Forschung großejn Wert darauf, die Interaktionsprozesse zwischen den Mitgliedern des eigenen Netzwerks zu legen. Ignoriert wurde hingegen die Bedeutung der multidimensionalen Struktur eines Online-Netzwerks. Jedes System besteht demzufolge neben den 1-to-1 Beziehungen auch aus unterschiedlichen Austauschdimensionen, z.B. dem Gefühl einer Person für die andere (Freundschaft, Feindschaft, Liebe), dem Austausch von Gütern (Handel), der verhaltensgetriebenen INteraktion (Kooperation vs. Schaden). Jeder Austauschprozess für sich bildet letztendlich noch einmal ein eigenes soziales Netzwerk innerhalb des Beziehungssystems.  Die Topologie der verschiedenen Subnetze determiniert wiederum das gesamte soziale Netz. Zum Beispiel sind Handelsnetzwerke positiv mit Vertrauen und Austausch konnotiert. Eine Gesellschaft wiederum ist durch ihre soziöokonomischen Netze geprägt.


Die Teilnehmer einer sozialen Gemeinschaft sind üblicherweise über eine grosse Anzahl sozialer und ökonomischer Beziehungen untereinander vernetzt. Diese Beziehungsformen sind komplexer Natur und können z.B. die Gefühle einer Person betreffen (Freundschaft, Feindschaft, Liebe), Kommunikation, den Austausch von Gütern (Handel) oder verhaltensbezogene Interaktionen (Kooperation oder Bestrafung).

Jeder Beziehungstypus bildet  die Grundlage für ein eigenes soziales Netzwerk. Z.B. können bestimmte Feindbilder dazu führen, dass sich eine Gruppe formiert. Auch kann die Zuneigung von Groupies zu einem bestimmten Celebrity die Basis für ein eigenes soziales Netzwerk sein. Soziale Beziehungen bilden insofern weit spezifischere Basisstrukturen zur Etablierung sozialer Netzwerke aus, als es einzelne Personen in der Lage sind, zu bilden. Die Größe und Formation dieser zwischenmenschlichen Netzwerke beeinflusst wiederum die Topologie der anderen Netzwerke, da die Netzwerke andere soziale Netzwerken z.B. behindern, fördern, katalysieren, einengen können. So kann z.B. ein Netzwerk von Fussballfans aggressiv den Fans eines anderen Fussballclubs gegenüber im sozialen Netzwerk auftreten. Machen wir einen Vergleich. Die folgende Liste zeigt u.a. die Anzahl der Facebook-Fans der deutschen Bundesligavereine (Angabe in 1000). Jeder Club hat insofern eine eigene Interaktionsgruppe auf Facebook. Diese Fangruppen beeinflussen sich gegenseitig, wie die folgende Infografik zeigt ((Statista, Anzahl der Facebook Fans der Bundesligavereine im Juni 2013, in 1.000)).

Die Knoten im Netzwerk repräsentieren dabei die einzelnen Teilnehmer, die Links stellen dagegen eine Vielzahl an sozialen Beziehungen dar. Bislang beschäftigte sich die Forschung hauptsächlich mit der Topologie sozialer Netzwerke, weniger aber mit den multidimensionalen Strukturen innerhalb des Netzwerks. Forschern der Medizinischen Universität Wien und dem Institut für Mathematische Forschung am Imperial London College ist es gelungen, erstmalig die multirelationale Beziehungen der Teilnehmer anhand der Analyse eines Massive Online Player Netzwerks, bestehend aus 300.000 Teilnehmern auszuwerten. Forschern ist es nun erstmalig gelungen, anstatt die reine Topologie eines Netzwerks dessen multidimensionale Interaktionen zu analysieren.

http://www.pnas.org/content/107/31/13636.full.pdf+html?sid=f2af45f7-31e7-4a56-8348-23ba09a0c0be