MITBESTIMMUNG IM KOMPETENZMANAGEMENT – WORAUF KOMMT ES AN

Das Thema Mitbestimmung ist automatisch dann wichtig, sobald es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt. In deutschen Unternehmen ist das die Regel. Schaut man in die Schweiz, pressiert dieses Thema weniger (die Schweizer unter Ihnen wissen sicher, was ich damit meine). In der Beratungspraxis bei der Einführung eines Kompetenzmanagement aber erlebt man häufig, wenn es zur Frage der Mitbestimmung kommt, die Meinungen sowohl auf Arbeitgeberseite als auch auf Seite der Arbeitnehmervertreter häufig per se vorgefestigt sind. Ich möchte nicht gleich über Vorurteile sprechen, dennoch verläuft die eine oder andere Diskussion eher stereotypisch. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, schauen wir uns das Thema Mitbestimmung im Kompetenzmanagement mal etwas genauer an. (Hinweis: Beachten Sie bitte, dass es sich im Folgenden um keine Rechtsberatung handelt.) Der § 92 Abs. 1 BetrVG lässt hinsichtlich des Einbezugs des Betriebsrats bei der Personalplanung keine Zweifel aufkommen:

(1) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen einschließlich der geplanten Beschäftigung von Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen, und Maßnahmen der Berufsbildung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Er hat mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten.

Hier gibt es keine Zweifel: Betriebsräte sind zwingend über Personalplanungen umfassend zu unterrichten. Darunter fällt auch gleichzeitig der Aspekte des Kompetenzmanagements. Der Betriebsrat kann u.a. dem Arbeitgeber eigene Vorschläge machen, was die Ausgestaltung und Einführung der Maßnahmen der Personalplanung betrifft. Wichtig zu wissen ist dass der Begriff der Personalplanung im Gesetz nicht eindeutig definiert ist. Allerdings besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass darunter die Planung der gegenwärtigen und künftigen Personalbedarfe in quantitativer und qualitativer Hinsicht gemeint ist (vgl. dazu ein ausführliches Dokument der Hans-Böckler-Stiftung). Personalplanung bezieht sich u.a. auch auf die Aspekte der Deckung des Personalbedarfs, dem Einsatz personeller Ressourcen, der Personalbeschaffung sowie der Personalentwicklung (BAG vom 06.11.1990 AP-Nr. 3 zu § 92 BetrVG m.w.N.). Organisatorisch ist der Unternehmer/Arbeitgeber für diese Aspekte verantwortlich. Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei der Personalplanung, sondern lediglich ein Unterrichtungs- und Beratungsrecht. Gleiches gilt für die Methoden der Personalplanung sowie die Wahl der organisatorischen und technischen Hilfsmittel – es sei denn, ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der einzelnen Komponenten, die in der Personalplanung eingesetzt, ist vorhanden. Für die Ausgestaltung des Kompetenzmanagements haben diese rechtlichen Grundlagen eindeutige Auswirkungen. Für den Fall, dass im Zuge der Einführung eines Kompetenzmanagement-Systems Anforderungen für Arbeitsplätze definiert werden oder Änderungen in den Anforderungen an die Mitarbeiter sich einstellen, (was de facto immer der Fall ist) besteht grundsätzlich kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Dieser Aspekt ist oftmals unklar und wird fehlinterpretiert. Soweit im Zuge der Ausgestaltung des Kompetenzmanagements kompetenzseitige Anforderungen für Schlüsselpositionen geplant werden, sind diese als allgemeine Beurteilungsgrundsätze i.S.d. § 94 BetrVG anzusehen:

(1) Personalfragebogen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Kommt eine Einigung über ihren Inhalt nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die allgemein für den Betrieb verwendet werden sollen, sowie für die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze.

Beurteilungsgrundsätze verstehen sich in diesem Zusammenhang als eine Möglichkeit, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern nach einheitlichen Kriterien umzusetzen. Bei Anwendung dieser „Bewertungsgrundsätze“ besteht theoretisch die Möglichkeit der Vergleichbarkeit der Beurteilungsergebnisse. Bei konventionellen Kompetenzansätzen spielt der Einsatz einheitlicher Bewertungsgrundsätze immer eine Rolle. Ob Kompetezkatalog, ,Kompetenzmodell oder Kompetenzanker: Unabhängig von den Begrifflichkeiten geht es in irgendeiner Form um Verfahren, die die Erstellung von Fähigkeits- und Eignungsprofilen ermöglichen. Zwar ist durch den Arbeitgeber eine sachgemäße Beurteilung der Leistungen der Arbeitnehmer z.B. auf Basis von Stellenprofilen machbar. Arbeitsplatzbeschreibungen stellen in diesem Sinne keine persönlichen Beurteilungsgrundsätze dar. Das gilt auch für Funktionsbeschreibungen (Rollenprofile) für alle Mitarbeiter mit vergleichbarer Tätigkeit. Diese Komponenten unterliegen nicht dem Mitbestimmungsrecht nach § 94 BetrVG. Für die Gestaltung eines Kompetenzmanagementsystems bedeutet das, dass die Verfahrensregelungen dem vollen Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterworfen werden und ohne eine Verständigung über Form und Ausgestaltung die Einführung nicht möglich ist.  Für den Fall, dass das Kompetenzmanagementsystem im Bereich der Personalentwicklung bestimmte Entwicklungsmaßnahmen vorsieht, ist zu beachten, dass der Betriebsrat auf hier bei der Durchführung mitzubestimmen hat.

Die Sache mit der Mitbestimmung im Kompetenzmanagement ist also nicht ganz so trivial. Eine Diskussion mit den Arbeitnehmervertretern über die mitbestimmungspflichtigen Bestandteile des Kompetenzmanagements zu führen, sollte frühzeitig angestoßen werden. Erfahrungsgemäß ist es ratsam, den Betriebsrat früh darüber zu informieren. Weitere Tipps zum Erstellen einer Betriebsvereinbarung für ein strategisches Kompetenzmanagement folgen in einem der nächsten Blog-Posts.  

Prof. Dr. Kai Reinhardt

Professor für Betriebswirtschaft, Personal und Organisation

https://www.kaireinhardt.de
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