67% der Unternehmen erwarten eine 20% Effizienzsteigerung: Ist Ihr Kompetenzmanagement bereit für den Wandel?

Wie 67% der Top-Unternehmen mit innovativen Strategien die Effizienz um 20% steigern wollen

Eine neue Studie von Mercer wirft ein erhellendes Licht auf diese Diskussion.

In aller Kürze:

  • Zwei konkurrierende Philosophien im Kompetenzmanagement – Mitarbeiterzentrierung vs. Unternehmensfokussierung – sorgen für anhaltende Diskussionen

  • Erstaunlicherweise erwarten 67% der Organisationen eine 20%ige Steigerung der Effizienz in HR- und Geschäftsprozessen durch verbessertes Kompetenzmanagement

  • Fast 80% der Unternehmen stufen ihren Reifegrad im Kompetenzmanagement als einfach bis mittelmäßig ein, sehen jedoch erheblichen Verbesserungsbedarf

  • 42% der Befragten schätzen die durch Kompetenzmodelle ermöglichte Transparenz bezüglich vorhandener Fähigkeiten und Lücken als wertvoll ein.

In der Welt des Kompetenzmanagements rumort es gewaltig. Zwischen der Mitarbeiterzentrierung und der Unternehmensfokussierung – zwei sich scheinbar unversöhnlich gegenüberstehenden Philosophien – werden immer hitziger debattiert. Seit ich mich mit dem Thema beschäftige, zeigt sich ein tiefgreifender terminologischer Konflikt, der in der Praxis zwischen HR-Abteilung und Business-Strategen ausgefochten wird:

Es geht um die Grundsatzfrage, was wir im Unternehmen unter Kompetenzmanagement verstehen.

Eine Studie von Mercer bringt etwas Licht ins Dunkel: In der Studie wurden insgesamt 54 Umfrageteilnehmer und 21 Personen aus verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen befragt. Die Teilnehmer umfassten Fachleute aus Organisationen wie Deutsche Lufthansa AG, SAP SE, Nokia Corporation, Allianz SE, Bayer AG, Merck KGaA, Novartis AG, Daimler AG, IBM Corporation - also Personen aus vorwiegend europäischen “Schwergewichten”.

Überraschend: 67% aller Unternehmen rechnen mit einer Effizienzsteigerung von 20% durch ein Kompetenzmanagement. Doch trotz der hohen Erwartungen gestehen fast 80% der Unternehmen ein, dass ihr Kompetenzmanagement bestenfalls mittelmäßig ist. Das Bedürfnis nach Transparenz, wie es 42% der Befragten durch Kompetenzmodelle erzielen, unterstreicht aber die Notwendigkeit einer Neuausrichtung. Die traditionellen Ansätze des Kompetenzmanagements – geprägt von einem wohlmeinenden, jedoch oft ineffektiven Fokus auf die Entwicklung des Einzelnen – scheinen den Anforderungen einer zunehmend agilen und globalisierten Arbeitswelt nicht mehr gerecht zu werden.

Was sagt uns das? Ganz klar, es herrscht Handlungsbedarf.

Hier setzt das angloamerikanische Konzept des Talentmanagements an, das eine strategische Integration aller Personalplanungsaspekte vorsieht. Es ist offensichtlich: Die Erstellung von Hochleistungsorganisationen erfordert eine Abkehr von überholten HR-Methoden des Umgangs mit Kompetenzen.

Erfolgreiche Unternehmen brauchen innovative Ansätze, die Kompetenzen als einen strategischen Wert verstehen. Dazu zählen unter anderem:

  • Unternehmenseigene LinkedIn-Plattform: Diese ermöglicht es Mitarbeitern, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen in ihren Profilen zu kennzeichnen, um verfügbare Ressourcen innerhalb des Unternehmens offen zu kommunizieren, beispielsweise zur Unterstützung bei der Projektbesetzung. Unter den teilnehmenden Unternehmen nutzen bereits 38% eine solche Plattform oder planen deren Einsatz. Online-Selbstbewertungen und Skills-Gap-Analysen ermöglichen es Mitarbeitern, ihre Kompetenzen und Fähigkeiten anhand von Jobprofilen zu bewerten.

  • Interne Talent-Marktplatz sollen das Management von Talentangebot und -nachfrage erleichtern; beispielsweise können Führungskräfte intern rekrutieren, um Talente für ihre Projekte zu gewinnen, und Mitarbeiter können Projekte entsprechend ihrer Fähigkeiten auswählen. Dieser Ansatz wird von 46% der Organisationen genutzt oder ist für die zukünftige Nutzung geplant.

  • Skill Mining ist ein Wissensmanagement-Ansatz, mit dem Fähigkeiten von Mitarbeitern automatisch identifiziert werden, indem es ihr vergangenes Verhalten analysiert - wie beantwortete Fragen oder erstellte Dokumente - ähnlich wie Crowdsourcing. Aber: 80% der Teilnehmer der Studie geben an, nie von Skill Mining gehört zu haben oder damit nicht vertraut zu sein.

  • Ein weiterer innovativer Ansatz ist ein vereinfachter Kompetenzrahmen. Dieser Rahmen konzentriert sich nur auf Kernkompetenzen, um einen übermäßig detaillierten und komplexen Kompetenzkatalog zu vermeiden. Obwohl dies vielversprechend klingt, geben 71% der teilnehmenden Organisationen an, nie davon gehört zu haben.

Die von Mercer aufgedeckten Zahlen sprechen Bände. Der Status quo reicht nicht aus, um die Potenziale von Organisationen voll auszuschöpfen, und es ist an der Zeit, neue Wege zu beschreiten, um Hochleistungsorganisationen zu ermöglichen.

Es geht in Zukunft nicht mehr nur darum, einzelne Mitarbeitende zu fördern, sondern ganze Organisationen fit für die Zukunft zu machen. Dazu gehört auch, neue Wege zu gehen. Unternehmenseigene LinkedIn-Plattformen und interne Talent-Marktplätze sind nur der Anfang. Unternehmen müssen aufwachen und einsehen: Die Zeiten, in denen traditionelle HR-Methoden, geschmückt mit schicken Stellenanzeigen und einem netten Begrüßungspaket, ausreichten, sind längst passé. Damit lässt sich der Wunsch nach einer kompetenten Organisation nur schwer erreichen. Wer jetzt nicht den Umgang mit Kompetenzen radikal neu denkt, spielt in der Liga der Zukunft nur noch in der zweiten Reihe.

Quelle: Mercer. (2020). Best and next practices in competency, skills and job architecture management.
Prof. Dr. Kai Reinhardt

Professor für Betriebswirtschaft, Personal und Organisation

https://www.kaireinhardt.de
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